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28. Juni 2013 5 28 /06 /Juni /2013 08:55

Vor 2 1/2 Jahren legten die renomierten US-Professoren Rogoff (Harvard) Reinhart (Maryland) zu dem Thema  Staatsverschuldung und Wirtschaftswachstum eine Studie vor. Die beiden Wissenschaftler hatten einen riesigen Datensatz zusammengetragen, um zu klären, wie sich Staatsschulden auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Sie hatten dafür Daten aus 44 Ländern gesammelt. Das Ergebnis schien eindeutig zu sein. Wenn ein Staat mehr Schulden anhäuft als 90 % seines Bruttosozialprodukts  führt das quasi automatisch zum Niedergang der Volkswirtschaft.  Diese griffige These wurde zur ökonomischen Grundlage drastischer Sparprogramme in der EURO-Zone. Mehr oder weniger zufällig fand kürzlich ein Student heraus, dass die Professoren offensichtlich mit Excell nicht richtig umgehen können. Sie haben sich grob verrechnet. Die Geschichte ist atemberaubend und ist in einem spannenden Dossier der aktuellen Ausgabe der ZEIT dokumentiert. Absolut lesenwert.

Mich erinnert die Geschichte an den hartäckigen Mythos vom hohen Eisengehalt von Spinat. Im Jahre 1890 untersuchte Gustav von Bunge den Eisengehalt von Spinat. Unbeachtet blieb, in welchem Zustand sich der untersuchte Spinat befand. Dass trockene Blätter der grünen Pflanze einen zehnmal höheren Wert aufweisen als das frische Produkt, führte zu einem Irrtum mit dem Faktor zehn, denn der Wissenschaftler hatte getrockneten Spinat untersucht und die Ergebnisse wurden schlicht auf Spinat schlechthin übertragen. Im Fall des Spinat wurden Kinder jahrzehntelang mit ekelhaften Blub-Spinat gequält, in Falle des 90 % Irrtums könnte die Aufklärung vielleicht gerade noch rechtzeitig gekommen sein, um den vollständigen Absturz der Volkswirtschaften im Süden Europas zu stoppen.

Noch etwas haben die beiden Geschichten vom Spinat und den magischen 90 % gemeinsam. Natürlich ist Spinat gesund, auch wenn er nicht als Eisenlieferant taugt. Und natürlich ist eine überhöhte Staatsverschuldung auf Dauer für jede Volkswirtschaft gefährlich.

 

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24. Juni 2013 1 24 /06 /Juni /2013 13:23

Ende 2019 laufen die Bestimmungen des Länderfinanzausgleichs und des Solidarpakts II aus. Außerdem haben zwei Bundesländer beim Bundesverfassungsgericht gegen den Länderfinanzausgleich geklagt.  Anlass genug, sich mit diesem Thema auch unter dem Blickwinkel der Finanzausstattung der Kommunen zu befassen, da hier der größte Investitionsstau droht. Ein Arbeitskreis der Friedrich-Ebert-Stiftung hat jetzt dazu ein interessantes Diskussionspapier vorgelegt, das im Internet abrufbar ist. http://library.fes.de/pdf-files/wiso/10091.pdflink

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8. Mai 2013 3 08 /05 /Mai /2013 09:50

Nordrhein-Westfalen hat zum ersten Mal einen Sparkommissar eingesetzt, der die Finanzen der Stadt Nideggen auch gegen den Willen des Rates sanieren soll. Genauer gesagt: Ein von der Landesregierung eingesetzter Beamter der Bezirksregierung Köln übernimmt bis auf Weiteres die Funktion des Rates in allen haushaltswirksamen Angelegenheiten, weil der Rat sich weigert, die zwischen der Verwaltung und der Bezirksregierung Köln verabredeten Sparmaßnahmen (Ausgabensenkungen und Einnahmesteigerungen) im Rahmen des sog. Stärkungspakts Stadtfinanzen durch entsprechende Beschlüsse umzusetzen. Nideggen wird eine Art Präzedenzfall werden. Es ist damit zu rechnen, dass es zu einer gerichtlichen Überprüfung kommt.

Aber auch politisch geht das Tauziehen um die Kommunalfinanzen weiter. Die Schulden der Kommunen in NRW steigen weiter - trotz relativ guter Konjunktur. Die sog. Kassenkredite, die eigentlich nur der kurzfristigen Liquiditätssicherung dienen sollen, sind auf die neue Rekordhöhe von 23,7 Mrd. EUR gestiegen. Wegen der historisch niedrigen Zinsen wäre dies ein gutes Geschäft, wenn mit diesem Geld alte hochverzinsliche Darlehen abgelöst werden oder rentable Investitionen getätigt werden würden. Das ist aber nicht der Fall. Die neuen Millionen versickern in den Kommunalhaushalten ohne langfristig positive Wirkungen. Man darf daher gespannt sein, wann und wo der nächste Sparkommissar eingesetzt wird.

 

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25. April 2013 4 25 /04 /April /2013 09:48

Auch wenn es die meisten Zeitungen heute anders darstellen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit seiner gestrigen Entscheidung den Weg für mehr Verbraucherschutz frei gemacht. Das OVG untersagt zwar nach der jetzigen Gesetzeslage die Veröffentlichung der bei Betriebskontrollen festgestellten lebensmittel- und hygienerechtlichen Mängel im Internet auf der dafür vorgesehenen Plattform (www.lebensmitteltransparenz-nrw.de). Es hat aber zugleich dem Gesetzgeber gesagt, wie er es besser machen kann. Da die Veröffentlichung einen schweren Eingriff darstelle, müsse das Gesetz Löschungsfristen nennen - ähnlich wie beim Punktekonto in Flensburg.. Dagegen ist nicht einzuwenden. Im Gegenteil. Geläuterte Betriebe sollten einen Anreiz bekommen, nie mehr auf der Liste zu erscheinen. Also. Der Landtag ist aufgefordert nachzubessern, denn die Bußgelder, die die Behörden verhängen können, sind meist ein ziemlich stumpfes Schwert. Das einzige, was hilft, ist mehr Transparenz.

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23. April 2013 2 23 /04 /April /2013 19:44

Ich sprach vor ein paar Tagen mit einem alten Gewerkschafter aus dem Ruhrgebiet über das Thema Strukturwandel. Er bestätigte meine Auffassung, dass zu lange an alten Illusionen und auch Pfründen festgehalten wurde. Große Unternehmen der Kohle- und Schwerindustrie hätten zu lange ihre Grundstücke gehortet, die man für neue Entwicklungen gebraucht hätte. Nicht nur SDP und CDU, sondern auch die Gewerkschaften hätten hier keine rühmliche Rolle gespielt.

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18. April 2013 4 18 /04 /April /2013 09:20

Klar, dass mich das endgültige Aus für Opel in Bochum traurig stimmt. Erstens bin ich in Bochum geboren und aufgewachsen. Zweites habe ich in Bochum mit viel Herzblut Politik gemacht - und zwar von 1979 bis 1984 als Ratsmitglied und von 2001 bis 2007 als Beigeordneter. Der Abstieg Bochums läst sich aber nicht nur am Niedergang des Industriestandorts festmachen. Eine weitgehend verfehlte Stadtentwicklungspolitik hat eine rechtzeitige Neustrukturierung der Stadt verhindert, indem man zu lange die Augen vor dem grundlegenden Wandel des Ruhrgebiets verschloss. Das Stadtbild ist systematisch verunstaltet worden z. B. durch einen "Boulevard", auf dem niemand flaniert, und eine "Stadtbadgalerie", dessen Archtitekur so schlecht ist, dass es einem den Magen umdreht. Letztlich passt  dazu auch der Abstieg des Bochumer Schauspielhauses aus der ersten Liga und der Niedergang des VfL. Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt, ist es besser, viel besser  als man glaubt. So sang Herbert Grönemeyer 1984. Schon 1984 war das mehr Beschwörung als Realitätsbeschreibung. Die Zechen waren längst zu, Hochöfen stillgelegt. Da staubte nichts mehr. Trotzdem höre ich das Lied noch heute mit Gänsehauteffekt. Pure Nostalgie. Schön in der Musik und schlecht in der Politik. Ach übrigens, ich fahre natürlich einen Zafira. Made in Bochum.

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27. März 2013 3 27 /03 /März /2013 22:00

Wir erinnern uns vielleicht noch: Mit seinen Plänen für einen Volksentscheid hat der griechische Premier Papandreou im November 2011 ein Beben an den Märkten ausgelöst und vor allem Deutschland und Frankreich gegen sich aufgebracht. Frankreichs damaliger Präsident Sarkozy und Kanzlerin Merkel verabredeten sich zum Krisengespräch und kippten letztlich Papandreou aus dem Amt. Na, ja. Viel Verstand braucht man eigentlich nicht, um zu begreifen, dass solch fundamentale Einschnitte wie das griechische Konsolidierungsprogramm in einer Demokratie nicht funktionieren können, wenn man das Volk außen vor lässt. Die Italiener haben es jetzt bei den letzten Wahlen bewiesen und Monti abgestraft. Und jetzt kommt wieder einer daher und spricht eine no brain Weisheit aus. Der neue Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem sagt, was allen eh klar ist. Im Prinzip geht es nicht anders als in Zypern. Die, die an der Blase (man kann es auch, wie Schäuble, zurückhaltender Geschäftsmodell nennen) vor der Krise verdient haben, müssen an den Kosten der Krisenbewältigung beteiligt werden.
In Zypern werden vermögende Bankkunden und nicht primär Steuerzahler an den Kosten der Krisenbewältigung beteiligt. Das findet der neue Euro-Gruppen-Chef gut und sagt das auch. Bravo. Nun wird er als unprofessionell gescholten. Ok. das Spiel muss weitergehen. Faîtes votre jeu.

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26. März 2013 2 26 /03 /März /2013 22:23

Die Ministerpräsidentin des Saarlands fällt mir immer wieder mit unkonventionellen Äußerungen auf. Zuletzt am 5. Dezember 2012 habe ich sie in meinem Blog gewürdigt. Jeztz ist sie wieder dran. Sie hat daran erinnert, dass zu Helmut Kohls Zeiten, als die blühenden Landschaften der deutschen Einheit anfinanziert werden mussten, der Spitzensteuersatz bei 53 % lag, ohne dass der Sozialismus ausgebrochen ist. Jetzt wird der Vorschlag der SPD, den Spitzensteuersatz auf 49 % anzuheben, von Kohl Nachfolgern verteufelt. Frau Kamp-Karrenbauer (CDU) findet, dass Wohlhabende mehr in die marode Staatskasse ( über 2 Billionen Schulden..... eine Billion sind 1000 Milliarden) zahlen könnten. Recht hat sie.

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21. März 2013 4 21 /03 /März /2013 09:29

In Nordrhein-Westfalen werden die Gehaltserhöhungen für Angestellte und Arbeiter nur bis zur Gehaltsgruppe A 10 auf die Beamten übertragen. Ab A 13 (Studienrat) aufwärts werden zwei Jahre überhaupt keine Gehaltserhöhungen stattfinden - also realer Kaufkraftverlust zugemutet. Dass Beamte auch zur Konsolidierung  der öffentlichen Haushalte beitragen sollen, ist völlig in Ordnung. Bei der jetzt von der rot-grünen Landtagsmehrheit beschlossenen Vorgehensweise setzt sich jedoch die schon seit Jahrzehnten in der Tarifpolitik betriebene Egalisierung der Gehälter insbesondere im Mittelbau des öffentlichen Dienstes fort. Wenn das so weiter geht, werden sich künftig insbesondere in NRW immer weniger qualifizierte Hochschulabsolventen für den öffentlichen Dienst gewinnen lassen. Schon jetzt sind die Ausschreibungsergebnisse bei Stellen des gehobenen Dienstes oft mager.

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13. März 2013 3 13 /03 /März /2013 10:15

Ungefähr die Hälfte der Stromversorgerin NRW hat  nach Auffassung der Verbrauerzentrale NRW die öffentliche Diskussion über die Energiewende und die steigende EEG-Umlage benutzt, um unangemessen hohe Aufschläge zu fordern. Leider hat die Verbraucherzentrale offenbar Fehler gemacht, die sie zur Korrektur einzelner Aussagen zwingt. Das mindert die Glaubwürdigkeit der Studie insgesamt. Fest steht aber wohl, dass nicht nur die gescholtenen großen Konzerne kräftig zugelangt haben, sondern auch viele kommunale Stadtwerke. Interessant wäre es, mehr über die Ursachen zu erfahren. Kommunale Stadtwerke werden ja  kontrolliert durch politisch besetzte Aufsichträte. Kommunale Stadtwerke sind meist Gemischtwarenläden, denen die Politik gerne auch die Finanzierung von an sich nicht zum Kerngeschäft gehörenden Angelegenheiten zuschiebt. So finanzieren die Stadtwerke Dortmund indirekt den defizitären Flughafen Dortmund mit. Oder die Stadtwerke Bochum finanzieren über Sponsoring den notleidenden VfL Bochum. Man erinnert sich auch noch an die prestigeträchtigen Talkrunden der Bochumer Stadtwerke, die nur über die Veröffentlichung der Liste der honorierten Reden von Peer Steinbrück überhaupt zum Thema geworden sind.

Irgendwoher muss das Geld der Stadtwerke für solche Aktivitäten ja kommen. Und da bieten sich schon immer die gewinnträchtigen Sparten an. Wenn der grüne Minister Remmel die Strompreiserhöhungen lautstark kritisiert, sollte er vielleicht auch mal mit seinen eigenen Parteifreunden in den kommunalen Aufsichtsräten sprechen. Die Vermutung liegt nahe, dass kommunaler Preiswucher nicht ein Ergebnis mangelnder politischer Kontrolle ist sondern im Gegenteil das Ergebnis politisch gewollter Finanzierungsstrategien.

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